Höfen Eingemeindung Wegezoll

Winnendens Bürgermeister Hermann Schwab überreichte am Tag der Eingemeindung einen symbolischen Wegezoll in Höhe von 84,50 DM (0,10 DM pro Höfener Einwohner). Foto: Oskar Kober.

Stadtarchiv Winnenden, Bildarchiv

„Vereint in die Zukunft“ – Die Eingemeindung Höfens nach Winnenden am 1. Januar 1971

Mit dem „Gesetz zur Stärkung der Verwaltungskraft kleinerer Gemeinden“, das am 7. März 1968 vom Landtag beschlossen wurde, begann in Baden-Württemberg die Gemeindereform. Von den damals über 3.300 Gemeinden waren 1975 aufgrund von Eingemeindungen und Zusammenschlüssen noch 1.111 übrig.

Zum ersten Stadtteil Winnendens wurde das benachbarte Höfen. Sowohl die beteiligten Akteure als auch Beobachter von außen betrachteten die Eingliederung des Ortes als Präzedenzfall für weitere Eingemeindungen, weshalb nachfolgend zentrale Meilensteine auf dem Weg bis zur Schlüsselübergabe beim Festakt am 1. Januar 1971 vorgestellt werden.

Chronologie

1969

Am 31. Dezember schied Helmut Kallenberg vom Verwaltungsaktuariat Winnenden, der bis dahin in Höfen die Geschäfte geführt hatte, aus seinem Amt aus.

1970

Zum 1. Januar nahm die neu gegründete Verwaltungsgemeinschaft „Vordere Berglen“ für die Gemeinden Birkmannsweiler, Baach, Bürg und Höfen ihre Arbeit auf.  

Da die Amtszeit von Höfens Bürgermeister Eugen Pfleiderer am 16. Mai auslief, beschloss der Gemeinderat am 13. Januar, dass am 22. März eine Bürgermeisterwahl stattfinden sollte.

Am 20. Januar gab es im Landratsamt in Waiblingen ein Gespräch zwischen Landrat Werner Bertheau, Vertretern der Stadt Winnenden und der Gemeinde Höfen sowie dem Vorsitzenden der Verwaltungsgemeinschaft „Vordere Berglen“, Bürgermeister Friedrich Seibold von Birkmannsweiler. Thema war eine mögliche Eingliederung Höfens nach Winnenden. Noch am selben Tag informierte Bürgermeister Hermann Schwab den Winnender Gemeinderat über diese Besprechung.

Am 27. Januar präsentierte Bürgermeister Schwab dem Gemeinderat Winnenden die Überlegungen der Verwaltung hinsichtlich eines Zusammenschlusses mit Höfen, denen das Gremium nach eingehender Erörterung zustimmte.

Am 28. Januar unterbreitete Hermann Schwab seinem Höfener Amtskollegen Pfleiderer schriftlich den Vorschlag eines Zusammengehens beider Kommunen. Damit würde „den Zielen der Landesplanung und der Verwaltungsreform, leistungsfähige Gemeinden zu schaffen, Rechnung getragen werden“.  

Am 29. Januar unterrichtete Bürgermeister Pfleiderer den Gemeinderat Höfen von dem Gespräch im Landratsamt und verlas das Angebot der Stadt Winnenden. Es wurde entschieden, einen Katalog aufzustellen über längerfristige Vorhaben der Gemeinde und Aufgaben, die sie künftig allein nicht würde bewältigen können.  

Am 31. Januar legte der Gemeinderat Höfen in einer Arbeitssitzung seine Überlegungen zu einem Zusammenschluss mit der Stadt Winnenden fest und beschloss, diesbezüglich sofort in Verhandlungen zu treten.

Morgen Bürgerentscheid

„Höfen ist der Testfall.“ Berichterstattung zur Eingemeindung in der Winnender Zeitung am Tag vor der Bürgeranhörung.

Stadtarchiv Winnenden

Bereits am 2. Februar fand eine Besprechung zwischen dem Gemeinderat Höfen, Vertretern der Stadt Winnenden und Vertretern der Verwaltungsgemeinschaft „Vordere Berglen“ in Höfen statt. Dabei wurde das Angebot aus Winnenden hinsichtlich eines Zusammenschlusses erörtert. Zudem stellte die Gemeinde Höfen einen Plan vor, der die wichtigsten Aufgaben der nächsten fünf Jahre enthielt und Möglichkeiten der Finanzierung aufzeigte.

Am 3. Februar gab Bürgermeister Schwab dem Winnender Gemeinderat einen Situationsbericht über die Entwicklung der Gespräche mit der Gemeinde Höfen.

Bei einer ersten Bürgerversammlung in Höfen am 13. Februar informierte die Verwaltung über das Angebot der Stadt Winnenden bezüglich eines Zusammenschlusses. Wie die Winnender Zeitung am 16. Februar darlegte, stellte Bürgermeister Pfleiderer heraus, die Gemeinde Höfen komme „nicht mit leeren Händen nach Winnenden“. Am Ende stand der Wunsch der Bürgerschaft, „daß der Gemeinderat mit der Stadt Winnenden in Verhandlungen (…) eintritt und daß die Bürgermeisterwahl zunächst ausgesetzt wird“.

Am 16. Februar beschloss der Gemeinderat Höfen, diesem Votum der Bürgerversammlung zu folgen.

Am 3. März beschied die Gemeinde Höfen das Angebot aus Winnenden vom 28. Januar offiziell positiv.

Am 21. April bestellte der Gemeinderat Höfen Bürgermeister Eugen Pfleiderer für die Zeit ab 16. Mai bis zu einem möglichen Zusammenschluss mit der Stadt Winnenden zum Amtsverweser.

Am 11. Juni beriet der Gemeinderat Höfen ausführlich über die Eingliederung nach Winnenden.

Zu einem Hindernis im Eingemeindungsprozess entwickelte sich die Schulraumfrage. Ursprünglich war vorgesehen, die Höfener Schule um vier Räume zu erweitern, was vom Oberschulamt Stuttgart angesichts der Planungen in Birkmannsweiler, die dortigen Kinder nach Winnenden in die Schule zu schicken, jedoch als Fehlinvestition abgelehnt wurde. Am 14. Juli beschloss der Gemeinderat Höfen, die Eingliederungsverhandlungen mit Winnenden bis zu einer Einigung in diesem Punkt auszusetzen.

Nachdem aus Winnenden das Signal gekommen war, dass die Höfener Hauptschüler/innen künftig an Winnender Schulen aufgenommen werden könnten, entschied der Gemeinderat Höfen am 25. August, die Verhandlungen auf der Basis des von der Stadt vorgelegten Vertragsentwurfs weiterzuführen.  

Am 9. Oktober fand in Höfen nochmals eine Bürgerversammlung statt, auf der Winnendens Bürgermeister Hermann Schwab sprach. Bezüglich der Frage einer eventuellen Benachteiligung Höfens zitierte ihn die Winnender Zeitung vom 12. Oktober mit den Worten: „Ein Zusammenschluß Höfen – Winnenden ist für Winnenden nicht interessant, wenn Höfen in Zukunft das 5. Rad am Wagen ist.“

Eine Bürgeranhörung in Höfen am 18. Oktober brachte in der Frage der Eingemeindung ein eindeutiges Ergebnis: 307 von 523 Stimmberechtigten nahmen teil (58,7 Prozent). Für einen Zusammenschluss sprachen sich 272 Personen aus (88,6 Prozent). 

Stimmzettel Bürgeranhörung

Muster-Stimmzettel für die Befragung der Höfener Bürger am 18. Oktober 1970.

Stadtarchiv Winnenden, Ortsarchiv Höfen, Gemeinderatsprotokoll 1968-1970
Höfen Vertragsunterzeichnung

Am 22. Oktober 1970 unterzeichneten Bürgermeister Schwab und Amtsverweser Pfleiderer den Vertrag über den Zusammenschluss. Erworben von privat. Foto: Unbekannt. 

Stadtarchiv Winnenden, Bildarchiv

Am 19. Oktober erging eine Verfügung von Bürgermeister Schwab über vorzubereitende Aufgaben und Maßnahmen für die Eingliederung der Gemeinde Höfen in die Stadt Winnenden. Darin heißt es unter anderem: „Grundsätzlich haben alle Ämter die Aufgaben und Vorgänge der seitherigen Gemeinde Höfen zu übernehmen und fortzuführen, wie sie seither auch für die Bürger und Einrichtungen der Stadt Winnenden wahrgenommen wurden.“

Am 20. Oktober äußerte Bürgermeister-Amtsverweser Pfleiderer bezüglich des Ergebnisses der Bürgeranhörung vor dem Höfener Gemeinderat: „Dies ist ein Zeichen dafür, daß der Bürger sich mit der Zukunft der Gemeinde Höfen und dem Raum östlich von Winnenden beschäftigt hat und dabei erkennt, daß eine günstige Weiterentwicklung für den östlichen Raum Winnendens nur bei einem Zusammenschluß mit der Stadt Winnenden erfolgen kann.“ Der Gemeinderat Höfen beschloss einstimmig, die Gemeinde ab 1. Januar 1971 auf der Grundlage der getroffenen Vereinbarung nach Winnenden einzugliedern.

 Am 22. Oktober beschloss der Gemeinderat Winnenden ebenfalls einstimmig die Eingliederung der Gemeinde Höfen in die Stadt zum 1. Januar 1971. In der gleichen Sitzung unterzeichneten die beiden Bürgermeister Pfleiderer und Schwab den Eingliederungsvertrag.

Höfen Schreiben Gänßle 2

Der in Ludwigsburg lebende Höfener Ehrenbürger Albert Gänßle, der zur Feier der Eingemeindung eingeladen worden war, musste aus gesundheitlichen Gründen absagen. Er wünschte Gottes Segen für die Zukunft.

Stadtarchiv Winnenden, Fl. 1152
Höfen, Bm und Gemeinderat

Amtsverweser Pfleiderer (sitzend: Zweiter von links) und der Gemeinderat Höfen bei der letzten Sitzung am 29. Dezember 1970. Foto: Unbekannt. 

Stadtarchiv Winnenden, Bildarchiv

Am 10. November wählte der Gemeinderat Höfen aus seiner Mitte Ludwig Schuller und Eugen Weng, die bis zur nächsten gesetzlichen Wahl die Interessen Höfens im Winnender Gemeinderat vertreten sollten.

Anfang Dezember wurden seitens der Gemeinde Höfen und der Stadt Winnenden die Einladungen zur Feier des Zusammenschlusses am 1. Januar 1971 verschickt. Am 20. Dezember sagte aus Ludwigsburg der Höfener Ehrenbürger, Rektor i.R. Albert Gänßle, seine Teilnahme zwar ab. Doch habe er sich „sehr gefreut, daß die beiden Gemeinden dem Zug der gegenwärtigen Zeit gefolgt sind“.  

Am 29. Dezember fand die letzte Sitzung des Gemeinderats Höfen statt. Das Protokoll vermerkt dazu resümierend: „Im Ganzen gesehen kann der Vorsitzende, als Bürgermeister, auf eine fast 19jährige Tätigkeit mit Befriedigung zurückblicken, denn aus dem landwirtschaftlich orientierten Dorf ist nun eine moderne Wohngemeinde mit 850 Einwohnern geworden, die über öffentliche Einrichtungen verfügt, wie: Kindergarten, moderne Schule, Friedhofshalle, Genossenschaftsbank, modernisierter Feuerwehr, Wasserversorgung mit gleichzeitiger Entwässerung (Kanalisation), beheiztem Mineralfreibad, staubfreie Müllabfuhr, und jetzt im Bau befindliche Turn- und Versammlungshalle, sowie Sportplatz.“

1971

Am 1. Januar wurde im Rahmen eines Festakts, der unter dem Motto „Vereint in die Zukunft“ stand, offiziell die Eingliederung Höfens in die Stadt Winnenden begangen.