Neubau der Kreissparkasse in der Marktstraße 51, um 1955. Foto: Eugen Weber.
Geschichte der Sparkasse in Winnenden
Einleitung
Die vorliegende Ausstellung basiert auf einem Vortrag, den Sparkassendirektor i.R. Horst Schönfeld am 25. März 2024 für die Initiative Stadtmuseum im Historischen Verein Winnenden gehalten hat. Einleitend geht es um das Aufkommen der Sparkassenidee und die Gründung der ersten Sparkassen in Deutschland wie auch in Württemberg unter Berücksichtigung des heutigen Rems-Murr-Kreises. Im Mittelpunkt steht die Entwicklung der Sparkasse in Winnenden. Vorgestellt werden Meilensteine von 1847 bis in die Gegenwart. Diese lassen sich vor allem anhand von Standorten und Führungspersonen anschaulich machen.
Die Anfänge des Sparkassenwesens in Deutschland und Württemberg
Nach Angaben des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands erfolgte die Gründung von Sparkassen als Antwort auf soziale Probleme, die am Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts durch starkes Bevölkerungswachstum sowie durch politische und wirtschaftliche Krisen verursacht wurden. Innovativer Kern der Sparkassenidee war, einkommensschwächeren Bevölkerungsgruppen die Möglichkeit zu geben, Ersparnisse sicher und zinsbringend anzulegen. Sparkassen dienten hauptsächlich der finanziellen Vorsorge für Arbeitslosigkeit, Krankheit und Alter. Sie waren Instrumente der Hilfe zur Selbsthilfe. Gefördert wurden die Sparkassen zunächst von sozial engagierten Bürgern. Im frühen 19. Jahrhundert erkannten staatliche und kommunale Autoritäten zunehmend den sozialen und ökonomischen Nutzen der Sparkassen. Es entstand der bis heute dominierende Typus der kommunalen Sparkasse.
1778 initiierte die Patriotische Gesellschaft in Hamburg die erste Sparkasse der Welt. Hier konnten „geringe fleißige Personen beiderlei Geschlechts“ wie Dienstboten oder Seeleute ihre schwer verdienten Ersparnisse anlegen. Die erste kommunale Sparkasse wurde 1801 in Göttingen eröffnet. Als Reaktion auf die Hungersnot des Jahres 1817 regte die sozialpolitisch interessierte Königin Katharina von Württemberg, eine Tochter des russischen Zaren Paul I., die Errichtung einer Landessparkasse an. Die Gründungsurkunde trägt das Datum des 12. Mai 1818. Mit dem Verwaltungs-Edikt vom 1. März 1822 wurden unter anderem die Zuständigkeiten der württembergischen Oberämter neu geregelt. Noch im gleichen Jahr entstand in Ravensburg die erste Oberamtssparkasse, der bald weitere folgten.
Aus der 2005 herausgegebenen „Chronik der Kreissparkasse Waiblingen“ geht hervor, dass die erste historisch belegbare Sparkassengründung auf dem Gebiet des Rems-Murr-Kreises in Sulzbach an der Murr stattfand. Der dortige Gemeinderat beschloss am 12. Mai 1847 die Errichtung einer „(Hilfs-) Leih- und Sparkasse“, die allerdings nur wenige Jahre Bestand hatte. Den zwischen 1849 und 1856 erstmals geschaffenen Sparkassen für die Oberamtsbezirke Schorndorf, Waiblingen und Backnang war ebenfalls keine lange Dauer beschieden. Erfolgreicher gestaltete sich der Neubeginn nach der Reichsgründung von 1871. In seiner Ausgabe vom 12. August 1880 kündigte der „Murrthal-Bote“ die Einführung einer Oberamtssparkasse für den Bezirk Backnang an. Und am 5. Mai 1894 stimmte die Amtsversammlung des Oberamts Waiblingen der Bildung einer Oberamtssparkasse zu.
Entwicklung der Sparkasse in Winnenden: Meilensteine seit 1847
Lediglich zehn Tage nach dem Beschluss in Sulzbach, nämlich am 22. Mai 1847, entschieden auch die bürgerlichen Kollegien von Winnenden, „eine öffentliche Leihcasse, verbunden mit einer Sparcassenanstalt dahier, zu errichten“. Nach der geforderten Überarbeitung genehmigte die Regierung des Neckarkreises in Ludwigsburg am 26. November 1847 die Statuten dieser Institution. Aufgelöst wurde sie im Frühjahr 1854. Dem Verfasser der oben erwähnten „Chronik der Kreissparkasse Waiblingen“ war ihre Existenz offenbar unbekannt.
Die Geschichte der Sparkasse als feste Institution in Winnenden setzte mit der Wiedergründung der Oberamtssparkasse Waiblingen ein. In der Ausgabe vom 18. September 1894 machte das „Volks- und Anzeigeblatt“ zunächst deren Geschäftsaufnahme am 1. Oktober bekannt. Überdies wurden in dem Inserat Einzelheiten erläutert: „Die Oberamtssparkasse ist eine unter der Verwaltung der Amtskörperschaft stehende Anstalt; sie hat ihren Sitz in Waiblingen und bezweckt, bei den Einwohnern des Oberamtsbezirks, insbesondere bei Dienstboten, Gewerbegehilfen, Taglöhnern und dergleichen Personen, ferner bei Kindern unter väterlicher Gewalt, den Sinn für Sparsamkeit zu wecken und Gelegenheit zu nutzbringender, sicherer Verwahrung des Erworbenen zu bieten.“ Als Ortskassier in Winnenden wurde der Färber Friedrich Etter eingesetzt.
Nach Etters Tod wählte der Gemeinderat am 26. November 1920 den Kaufmann Karl Wahlenmaier zum nebenamtlichen Ortssparpfleger von Winnenden. Im Hauptberuf führte er mit seiner Frau Lina im Gebäude Marktstraße 71 ein Textilgeschäft. Kontrolliert wurde Wahlenmaiers Tätigkeit als Ortskassier durch den Kronenwirt Fritz Krauß. Am 24. Oktober 1921 wandte sich die Oberamtssparkasse Waiblingen dann mit einem bedeutungsvollen Schreiben an den Gemeinderat Winnenden. Darin heißt es: „Die Ortssparpflege in Winnenden besonders entspricht den heutigen Zeitverhältnissen in keiner Weise mehr. Wir sind daher entschlossen, dieselbe neu zu organisieren und in eine Zweigstelle umzuwandeln.“
Karl Wahlenmaier schied aus seinem Dienstverhältnis aus und kündigte der Sparkasse die Geschäftsräume. Die Errichtung der ersten hauptamtlichen Zweigstelle in Winnenden erfolgte laut „Chronik der Kreissparkasse Waiblingen“ zum 1. Oktober 1923, inmitten einer Phase astronomischer Geldentwertung in Deutschland. Standort war nun das Anwesen Marktstraße 61, das dem Küfermeister Emil Friedrichsohn gehörte. Kassier wurde Rudolf Hahn, vorher Buchhalter an der Oberamtssparkasse Backnang. Gegenrechner blieb Fritz Krauß. Die „Bestimmungen über die Geschäftsführung der Zweigstelle Winnenden“ haben sich im Stadtarchiv erhalten.
Einen grundlegenden Wandel in der Organisation der Sparkassen leitete die Dritte Notverordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 6. Oktober 1931 ein. Aus unselbstständigen Einrichtungen der Amtskörperschaften wurden Anstalten des öffentlichen Rechts. 1934 kam es in Württemberg zur Umbenennung der Oberämter in Kreise. Entsprechend hießen die Oberamtssparkassen von da an Kreissparkassen. In dieser Zeit der Veränderungen gab es bei der Zweigstelle in Winnenden wieder einen Standortwechsel. 1932 zog sie um in das neu erworbene Anwesen Marktstraße 51, wo sich bis dahin das Bettenhaus Pfleiderer befunden hatte. Rissbildungen im Mauerwerk machten alsbald einen Umbau des Gebäudes notwendig, der durch den Architekten Eckstein aus Schwaikheim geplant wurde. Als 1939 der Zweite Weltkrieg ausbrach, hatte die Sparkasse in Winnenden acht Mitarbeiter.
Bei der Beschießung Winnendens durch US-Feldartillerie am 20. April 1945 wurde das Gebäude Marktstraße 51 völlig zerstört und brannte bis auf die Grundmauern nieder. Auf Anordnung der Militärregierung blieben die Schalter der Kreissparkassen-Zweigstelle zunächst geschlossen. Im Café Sommer, Marktstraße 16, musste ein Provisorium bezogen werden.
An alter Stelle entstand 1949 ein Neubau, wiederum nach Plänen des Architekten Eckstein. Im Erdgeschoss wurde außer der Kreissparkasse das Verwaltungsaktuariat Winnenden untergebracht. In den Stockwerken darüber erhielt das Haus sechs Wohnungen. Aufgrund des starken Zuzugs von Heimatvertriebenen und Flüchtlingen nach dem Zweiten Weltkrieg war die Schaffung von Wohnraum eine Notwendigkeit. Im Hinblick auf eine mögliche Erweiterung wurde 1951 das Milchhäusle in der Marktstraße 49 erworben. 1961 ging Zweigstellenleiter Rudolf Hahn nach 38 Jahren in den Ruhestand. Neuer Filialdirektor wurde Martin Veil.
1964/65 wurde das Sparkassengebäude in der Marktstraße 51 umgebaut und modernisiert. Den ersten Bauplan hatte der Architekt Walter Häußermann aus Waiblingen bereits 1962 eingereicht. An der Ausführung der handwerklichen und bautechnischen Arbeiten waren zahlreiche Winnender Firmen beteiligt, etwa Steinmetzmeister Alfred Schubert oder das Zimmergeschäft Luckert & Frank. Am 2. Juli 1965 fand in Anwesenheit einer Vielzahl von geladenen Gästen die Einweihungsfeier statt. Ansprachen hielten unter anderen Winnendens Bürgermeister Hermann Schwab und Landrat Werner Bertheau. Bei einem „Tag der offenen Tür“ am 4. Juli bekam die Einwohnerschaft Gelegenheit, die umgebauten Kunden- und Arbeitsräume zu besichtigen.
Ausführliche Berichterstattung in der Winnender Zeitung vom 3. Juli 1965.
Im Zuge der baden-württembergischen Kreisreform wurde am 1. Januar 1973 der Rems-Murr-Kreis gebildet. Genau ein Jahr später entstand durch Fusion der bisherigen Kreissparkassen Waiblingen und Backnang die neue Kreissparkasse Waiblingen. An der Spitze der Hauptzweigstelle Winnenden gab es in den 1970er-Jahren mehrfach personelle Wechsel. 1970 übernahm Erich Asche die Leitung und Josef Scholz wurde Stellvertreter. Nach Asches Wahl zum Vorstandsmitglied der Sparkasse im Landkreis Neustadt an der Aisch (Bayern) 1975 folgte Scholz ihm nach und Winfried Frese erhielt die Stellvertretung. 1978 wurde letzterer Filialdirektor mit Klaus Unkel als Stellvertreter.
Winfried Frese wurde 1978 Filialdirektor in Winnenden. 28 Jahre später ging er in den Ruhestand. Die Winnender Zeitung veröffentlichte am 28. November 2006 ein Portrait.
Die wirtschaftliche Entwicklung Winnendens, der weitere Ausbau des Dienstleistungsgeschäfts und die fortschreitende Technisierung erforderten 1984 einen nochmaligen Umbau des Sparkassengebäudes. Architekt war Walter Rommel aus dem Stadtteil Birkmannsweiler. Zu Diskussionen führte die Überbauung der Entengasse, wodurch der Blick von der Marktstraße zur historischen Stadtmauer versperrt wurde. Schlussendlich überwog aber das Lob. Gerhard Hammer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Waiblingen, bezeichnete die Verbindung zwischen den Häusern Marktstraße 49 und 51 als „gelungene Synthese“. Der Bericht in der Winnender Zeitung trägt die Überschrift: „Ein Mosaikstein der Stadterneuerung.“
Bekanntmachung des Tages der offenen Tür in der Winnender Zeitung vom 7. Juli 1984.
Ein Artikel über die Eröffnungsfeier erschien am 10. Juli 1984 in der Tageszeitung.
Einige Zahlen, die 1984 in der Juni-Ausgabe des Hefts „Treffpunkt Sparkasse“ veröffentlicht wurden, mögen die Bedeutung der Kreissparkasse vor Ort aufzeigen: „Allein in der Zentrale in Winnenden (ohne angeschlossene Zweigstellen) sind heute immerhin rund 40 Mitarbeiter beschäftigt, die täglich über 550 Kundenbesuche bearbeiten.“ Insgesamt 23 Filialen hatte die Winnender Hauptzweigstelle damals. Im Jahr des Umbaus wurde Horst Schönfeld stellvertretender Filialdirektor sowie Abteilungsleiter Firmen- und Gewerbekunden.
Anlässlich der Einweihung der Fußgängerzone am ersten Adventswochenende 1985 stiftete die Kreissparkasse eine Gruppe Bronzefiguren des Künstlers Martin Kirstein. Sie standen ursprünglich am Treppenabgang in der Entengasse. Seit 2009 befinden sie sich auf dem Marktplatz beim Marktbrunnen. Nicht nur für Kunst engagierte sich die Sparkasse. Sie war auch Kooperationspartner bei Kulturveranstaltungen. Genannt sei die erfolgreiche Reihe „Wort und Ton“, die heute in der Zuständigkeit des Sachgebiets Kultur im Amt für Schulen, Kultur und Sport liegt. Initiiert wurde sie Ende der 1990er-Jahre von Filialdirektor Winfried Frese und der Volkshochschulleiterin Christel Ludwig. Die Sparkasse stellte den Keller und finanzielle Mittel bereit, während die VHS die Organisation übernahm.
Nach der Jahrtausendwende wurde parallel zum Markthaus die Filialdirektion der Kreissparkasse neu errichtet. Die feierliche Eröffnung fand am 27. November 2006 mit einigen hundert geladenen Gästen statt. „Wir haben ein Haus gebaut, welches den Zeitgeist verkörpert“, äußerte der Architekt Arion Frank. Landrat Johannes Fuchs meinte: „Interessant, imposant und ich denke auch galant präsentiert sich die Kreissparkasse hier in Winnenden.“ Gleichzeitig mit der Eröffnung wurde Winfried Frese in den Ruhestand verabschiedet. Von Oberbürgermeister Bernhard Fritz bekam er die Bürgermedaille der Stadt Winnenden in Bronze überreicht. Freses Nachfolger als Filialdirektor wurde Volker Pohl.
Am 27. November 2006 wurde die Eröffnung des Neubaus gefeiert. Zwei Tage später berichtete die Winnender Zeitung darüber.
Nur wenig später begann eine Zeit, die zunächst von einer globalen Finanzkrise und dann zunehmend von verändertem Kundenverhalten infolge der Digitalisierung geprägt war. Die Kreissparkasse Waiblingen reagierte mit Strukturanpassungen. In Winnenden erfolgte die Ansiedlung der neuen Vertriebseinheit Direktfiliale (Beratung über Telefon und PC), die inzwischen rund 100 Mitarbeitende zählt. 2016 wurde der Filialdirektion Winnenden die Region Weissacher Tal zugeordnet. Demgegenüber musste im Jahr 2019 die Betreuung von Großkunden an ein neues Kundencenter in Waiblingen abgegeben werden. Zudem wurden nach und nach kleinere Zweigstellen entweder ganz geschlossen oder in SB-Filialen mit Geldautomat und Serviceterminal umgewandelt. Letzteres war 2021 etwa in Birkmannsweiler der Fall. Die Geschichte der dortigen Sparkassen-Zweigstelle hat Hans Kuhnle aufgearbeitet. Sein Beitrag kann hier im Virtuellen Stadtmuseum im Themenraum „Die Stadtteile“ unter Birkmannsweiler eingesehen werden.
2022 fusionierten die Marktbereiche Winnenden und Backnang zum Marktbereich Backnang. Filialdirektoren sind Volker Pohl und Markus Hofmeister.
Michaela Couzinet-Weber, Horst Schönfeld