Generationswechsel bei der Feuerwehr
1988 gab der dienstlängste Winnender Kommandant Helmut Pflüger sein Amt ab. Zu seinem Nachfolger wurde sein Sohn Harald Pflüger gewählt. Trotz der Finanzknappheit der Stadt und sparsamen Planens konnte Mitte der 1990er-Jahre der lang ersehnte Gerätewagen-Transport beschafft werden, der manchen Materialtransport überaus erleichterte. Nach der Beseitigung unzähliger Schäden, verursacht durch den Orkan „Lothar“ am zweiten Weihnachtstag 1999, wechselte man in das Jubiläumsjahr 2000.
Ein gelungenes Highlight
Das vom 29. Juni bis 3. Juli 2000 stattfindende Fest zum 150-jährigen Bestehen der Feuerwehr Winnenden war ihre bis dahin großartigste Veranstaltung. Mit unzähligen Aktivitäten, von der Ausstellung bis zum Wettkampf, sowie dem großen Festzelt, der Feuerwehr-Show im Stadion und einem riesigen Festumzug mit 103 Gruppen begeisterten die Feuerwehrleute einmal mehr tausende von Besuchern.
Große Veränderungen nach der Jahrtausendwende
Mit Tatkraft ging es in das neue Jahrtausend. Die Feuerwehr unterstützte den Ausbau des Güterschuppens am Bahnhof, so dass dort 2002 das Feuerwehrmuseum einziehen konnte. Organisations- und Verwaltungsaufgaben nahmen immer mehr Raum ein. Ab dem Jahr 2003 wurde das Amt des Kommandanten nicht mehr ehrenamtlich, sondern als hauptamtliche Stelle geführt, und die Haushaltsstrukturkommission des Gemeinderats forderte die Modernisierung der Feuerwehrstruktur ein. Mit großem Fleiß arbeitete eine Projektgruppe daraufhin ein in die Zukunft gerichtetes und weitreichendes Konzept aus, das Anfang 2005 verabschiedet wurde. Die aus sieben Abteilungen bestehende Wehr sollte auf drei Standorte reduziert, aber zeitgleich leistungsstark aufgestellt werden.
Bei Bürg ging 2008 ein selbsterrichtetes Übungsareal mit Rauchgasdurchzündungsanlage in Betrieb. Die Winnender gehörten damit zu den Wenigen in Deutschland, die solch eine professionelle Ausbildungsmöglichkeit besaßen. Jäh unterbrachen im Jahr 2009 die Ereignisse um den Amoklauf an der Albertville-Realschule den Alltag. Für die große Trauerfeier, mit vielen Bundes- und Landespolitikern in der Stadt, wurden umfangreiche einsatztaktische Absicherungs- und Ausgleichsmaßnahmen notwendig. Nach Fertigstellung des Feuerwehrhaus-Neubaus in Höfen 2010 vereinigten sich in einem ersten Schritt die Abteilungen Birkmannsweiler, Bürg, Höfen-Baach und Hertmannsweiler zur neuen Abteilung Buchenbach. Nun musste Neues zusammenwachsen, was mit der Zeit auch gut gelang. Die restlichen Umstrukturierungen zogen sich dagegen weiter hin, was nicht überall positiv aufgenommen wurde. 2013 teilten die Angehörigen der Feuerwehrabteilung Breuningsweiler mit, dass die Motivation am Boden liege. Infolgedessen trat die Abteilung außer Dienst.
Noch über drei Jahre vergingen, bis am Jahresanfang 2016 die neue Feuerwehrabteilung Zipfelbach gegründet wurde, die nun für Teile der Kernstadt, den Wohnbezirk Schelmenholz sowie für Breuningsweiler und Hanweiler zuständig ist. Auch der Nachwuchs rückte in den Fokus. 2016 wurde eine Kinderfeuerwehr gegründet, und im Jahr darauf errang die Jugendfeuerwehr Winnenden den vom Bundesinnenminister gestifteten Förderpreis „Helfende Hand“. Ende 2017 wechselte Kommandant Harald Pflüger in den Ruhestand, Kai-Benedikt Feeß übernahm das Amt. An Ausrüstung erhielt die Feuerwehr daran anschließend zwei Wechselladerfahrzeuge und Abrollbehälter, was kostengünstiger ist als Einzelfahrzeuge.
Neue Herausforderungen für das Ehrenamt
Große Einschränkungen für den Übungs- und Einsatzdienst, aber auch für den kameradschaftlichen Zusammenhalt brachte der Ausbruch der Corona-Pandemie im Jahr 2020 mit sich. Eine Herausforderung für den neuen Kommandanten Yosh Dollase, der die nächsten dreieinhalb Jahre die Feuerwehr leitete. Maskenpflicht, Abstandsgebot, Online-Schulungen wurden nun zum Alltag. Als langsam wieder Normalität einkehrte, folgte im Mai 2024 Tobias Distler auf den Kommandantenposten.
Einsätze, die nicht so schnell in Vergessenheit geraten werden, prägten das letzte Jahr. Zuerst Anfang Juni ein unerwartet heftiger Starkregen, der im Wieslauftal und im oberen Buchenbachtal innerhalb kürzester Zeit Berg- wie Tallagen mit Wassermassen überschwemmte. Während die Winnender Feuerwehr nach Rudersberg zu Hilfe eilte, überflutete der über die Ufer tretende Buchenbach entlang des gesamten Stadtgebiets Straßen und Keller. Drei Wochen später prasselte erneut ein Starkregen nieder, der besonders in Birkmannsweiler abermals Überflutungen mit sich brachte. Überdies ließ ein Brandstifter die Feuerwehr nicht zur Ruhe kommen. Es waren wohl zehn Brände, die auf sein Konto gingen.
Im Jubiläumsjahr 2025 steht die Feuerwehr Winnenden schlagkräftig da. Mit ihrer gut ausgebildeten und motivierten Mannschaft bietet sie für die fast 30.000 Einwohner große Stadt die erforderliche Sicherheit.
Einsätze in Winnenden und außerhalb
Die Einsätze der Freiwilligen Feuerwehr finden meist im Stadtgebiet statt, aber auch in umliegenden Gemeinden, im ganzen Rems-Murr-Kreis – was Gefahrguteinsätze betrifft – bis hin zur Überlandhilfe im Partnerland Sachsen. Wurden vor 100 Jahren noch eine Handvoll Einsätze im Jahr gezählt, so sind es heute 150 bis 200 Alarmierungen. Manchmal passiert tagelang nichts, dann gab es auch schon vier Alarme an einem Tag.
Jahrein, jahraus bekämpfen die Feuerwehrleute Kleinbrände und Großbrände, schneiden Eingeklemmte aus Unfallfahrzeugen oder retten Menschen sowie Tiere aus misslichen Lagen, unwegsamem Gelände, aus Höhen und Tiefen oder ziehen sie unter der S-Bahn hervor. Sie ergreifen erste Sicherungsmaßnahmen nach Hagelschlag und bei Sturmschäden, retten Personen aus überfluteten Gebieten und pumpen Schmutzwasser aus Kellern. Nicht zuletzt verhindern sie den weiteren Austritt von Gefahrstoffen, beseitigen größere Ölmengen und nehmen chemische Produkte auf.
Und das alles spontan, bei Tag und Nacht, bei Hitze, Kälte, Nässe und Dreck. Den Kameradinnen und Kameraden drohen Gefahren durch Rauch und Hitze, Einsturz oder Absturz, Explosionen, freiliegende Stromleitungen, Gifte, Strahler und Chemikalien, durch schnellfahrende Autos oder Züge, die an unseren Einsatzstellen vorbeischießen, und zunehmend auch durch gewalttätige oder verwirrte Menschen, die nicht respektieren, dass sie nur helfen wollen. Sie riskieren einiges, manchmal gefährden sie ihre körperliche und seelische Gesundheit bis hin zu ihrem Leben. Den Umgang mit Gefahren erlernen die Feuerwehrmänner und -frauen in Lehrgängen und trainieren ihn in vielen Übungen. Ihr Dienstherr, die Stadt Winnenden, stellt ihnen zweckmäßige Schutzausrüstung und geeignete Geräte zur Verfügung. Denn die Abwendung technischer Gefahren von ihren Einwohnern ist originäre Pflichtaufgabe der Stadtverwaltung, der sie durch die Unterhaltung einer Feuerwehr nachkommt. Die Feuerwehr ist kein Dienstleister und kein Verein, sondern eine Gemeindeeinrichtung im Rahmen der Daseinsvorsorge.
Die Feuerwehr Winnenden ist eine freiwillige Feuerwehr. Die Menschen, die sich hier ehrenamtlich einsetzen, sind Bürger dieser Stadt, die technisches Verständnis, psychische Standfestigkeit und Teamfähigkeit mitbringen, sowie die Bereitschaft, einen Großteil ihrer Freizeit dafür einzusetzen, damit die genannten Aufgaben erfüllt werden, auch zu Zeiten, zu denen es keinen Spaß macht. Bürgerliches Engagement, vom Bürger, für den Bürger.
Da alles seine Grenzen hat, darf nicht außer Acht gelassen werden, dass gerade die Bereitschaft, in der Feuerwehr ehrenamtlich zu dienen, nicht überstrapaziert, nicht überlastet oder ausgenützt wird. Die Bereitschaft, Opfer zu bringen, ist eng damit verbunden, auch einen Ausgleich zu erhalten. Viele kameradschaftliche Aktivitäten, der freundschaftliche Zusammenhalt und ein attraktives Umfeld sind das Gegenstück, ohne die die ehrenamtliche Tätigkeit bei der Freiwilligen Feuerwehr nicht funktionieren würde.
Oliver Kubitza