01 Feuerwehr_1865 ca Feuerwehr vor dem Rathaus

Das älteste Bild der Winnender Feuerwehr, etwa aus dem Jahre 1865, zeigt die Freiwillige Steigerabteilung, Wach- und Flüchtungsmannschaft, vor dem Rathaus. Foto: Johannes Weber.

Stadtarchiv Winnenden, Bildarchiv

175 Jahre Feuerwehr Winnenden

Stadtgeschichte

Einleitung

Vor 175 Jahren stellten Winnender Bürger erstmals eine organisierte und eingeübte Mannschaft zur Brandbekämpfung auf. Das Jahr 1850 gilt als Gründungsdatum der Feuerwehr Winnenden. Die Meilensteine ihrer Entwicklung werden im Folgenden vorgestellt. Grundlage für diesen Beitrag war eine Ausarbeitung von Oliver Kubitza. Er trat 1980 in die Jugendfeuerwehr Winnenden ein und wechselte 1985 mit 18 Jahren in den aktiven Dienst der Feuerwehrabteilung in Birkmannsweiler, später Abteilung Buchenbach. Durch seine beiden Hobbies, Feuerwehr und Geschichte, beschäftigt er sich ausführlich mit der Entwicklung des Feuerwehrwesens und ist im Feuerwehrmuseum sowie in mehreren feuerwehrhistorischen Gremien engagiert.

Gründung der Feuerwehr nach der gescheiterten Revolution von 1848/49

Die mutmaßlich älteste Feuerwehr auf dem Gebiet des heutigen Bundeslandes Baden-Württemberg wurde 1846 im badischen Durlach aufgestellt. Nach deren Bekanntwerden gründeten sich auch in einigen württembergischen Städten Feuerwehren. Die bisherigen Strukturen, nach denen die mehr schlecht als recht in die Löschgeräte eingewiesene Einwohnerschaft im Brandfall zur Hilfeleistung verpflichtet war, hatten sich überlebt.

02 Feuerwehr_1848 Stadtgerichtsprotokoll

Beschluss zur Aufstellung eines Pompier-Corps vom 15. April 1848.

Stadtarchiv Winnenden, Stadtgerichtsprotokoll 1848
03 Feuerwehr_1848 Dobler Geschichtsbilder

Während der Revolution von 1848/49 bildete sich in Winnenden eine Bürgerwehr. Zeichnung: Carl Dobler.

Stadtarchiv Winnenden, Mappe „Geschichtsbilder aus Winnendens Vergangenheit“ (Pb 401)

In Winnenden wollten weitsichtige Männer durch ihr freiwilliges Engagement ebenfalls mehr Qualität in die städtische Brandbekämpfung bringen. Im April 1848 stellten sie einen Antrag an den Gemeinderat zur Aufstellung einer Feuerwehr. Obwohl ein Großbrand im Juni abermals die Mängel in der Brandbekämpfung aufzeigte, verzögerte sich die Aufstellung. Denn seit März herrschte Revolution in Deutschland, und Winnender Bürger schlossen sich den Forderungen nach Volksbewaffnung, Pressefreiheit und der Wahl einer Nationalversammlung an. Im Jahr darauf wurde die Revolution niedergeschlagen. Die Anhänger dieser Bewegung waren nun die Leute, die versuchten, wenigstens Verbesserungen im Kleinen, wie die Aufstellung einer Feuerwehr, anzugehen.

Eine der ältesten Feuerwehren in Baden-Württemberg

1850 bildete sich aus einem kleinen Kreis von Freiwilligen unter Kommandant Heinrich Enslin eine Steigerabteilung – der Kern einer damaligen Feuerwehr. Alle übrigen Männer zwischen dem 18. und 60. Lebensjahr blieben für die sonstigen Aufgaben in der Feuerlöschanstalt verpflichtet. Es folgten Jahre der Beobachtung und Unterdrückung durch die Obrigkeit, die bürgerschaftliches Engagement und das Zusammenfinden in Vereinigungen stark blockierte. Erst 1860, als sich die politischen Zustände lockerten, gelang die Weiterentwicklung der Feuerwehr. Es wurde in die Anschaffung eines Mannschaftswagens und in Ausrüstung investiert. Bis 1863 war die Feuerwehr vollumfänglich organisiert und ausgerüstet, so dass ihr die Stadt alle Feuerlöschgeräte übergab.

04 Feuerwehr_1863 Requisitenverzeichnis

Verzeichnis der Requisiten zur Ausrüstung des Mannschaftstransportwagens, datiert vom 22. Mai 1863.

Stadtarchiv Winnenden, Altakten Winnenden (L 34,1)
06 Feuerwehr_1870 Übungsankündigung VAB

Ankündigung einer Feuerwehr-Übung im Volks- und Anzeigeblatt vom 30. April 1870.

Stadtarchiv Winnenden

In den nächsten Jahren wurde die Leistungsfähigkeit wesentlich gesteigert – 1865 durch den Kauf einer neuen Fahrfeuerspritze und ab 1869 durch den Bau eines Wasserleitungsnetzes mit Straßenhydranten. Nach dem Kauf einer zweiten Handdruckfeuerspritze und einer Umorganisation stand die 400 Mann starke Wehr der rund 3.500 Einwohner zählenden Stadt im Jahr 1888 als sogenannte „gemischte Feuerwehr“ gut ausgestattet da. Fünf der elf Züge wurden von Freiwilligen gebildet, die anderen Züge stellten Angehörige der Pflichtfeuerwehr. Die zum Löschen benötigten Geräte waren seit 1850 an verschiedenen Stellen in der Stadt untergebracht, unter anderem im Ökonomiegebäude der Wirtschaft zum Rößle (heute Mühltorstraße 3). Nach 1891 konnte ein Teil der Kastenschule als Spritzenmagazin genutzt werden.

05 Feuerwehr_1869 Wasserversorgung

Plan der neuen Winnender Wasserversorgung mit Reservoir-Anlage, erarbeitet von Baurat Karl Ehmann Ende 1869 auf Ersuchen der Bürgerlichen Kollegien.

Stadtarchiv Winnenden, Karten- und Plänesammlung
09 Feuerwehr_1889 Situationsplan Spritzenmagazin

Ein Situationsplan aus dem Jahr 1889 zeigt das geplante Gebäude der Kastenschule mit Spritzenmagazin und Turnhalle.

Stadtarchiv Winnenden, Altakten Winnenden (L 34,1)

Modernisierung nach 1900

13 Feuerwehr_1925 Weckerlinie

Die Weckerlinie der Feuerwehr Winnenden wurde 1903 eingerichtet. Das Bild entstand im Jahr 1925 in der Bengelgasse. Foto: Eugen Weber.

Stadtarchiv Winnenden, Bildarchiv

Kurz nach ihrem 50-jährigen Bestehen, bei dem die Weihe der neuen Feuerwehrstandarte erfolgte, wurden 1903 im Stadtgebiet an verschiedenen Stellen öffentliche Feuermelder angebracht und bei der Feuerwehr eine „Weckerlinie“ eingerichtet. Der Alarm ging nun direkt vom Feuermelder über Drahtfreileitungen zu einer Gruppe von Feuerwehrleuten nach Hause, die in ihren Wohnungen oder Werkstätten ein Alarmglocken-Läutwerk, den sogenannten „Alarmwecker“ besaßen und somit äußerst schnell ausrücken konnten. Auch die staatliche Heil- und Pflegeanstalt Winnental richtete 1910 eine Hausfeuerwehr ein, die der Gemeindefeuerwehr als besondere Abteilung angeschlossen wurde. Ein bedeutender Schritt war im April des Jahres 1913 die Umorganisation zu einer rein freiwilligen Feuerwehr. Damit wechselte das Kommando vom Buchbindermeister Friedrich Dobler auf den Baumeister Karl Krämer.

Beginn der Motorisierung

Nach einem Jahr Aufbau und Bemühungen um Uniformen und Ausrüstung brach der Erste Weltkrieg aus. Viele Kameraden sowie der Kommandant Krämer rückten zum Kriegsdienst ein. In der Heimat unterstützte die Feuerwehr der Heilanstalt die geschwächte städtische Wehr. 17 Kameraden kehrten aus dem Feld nicht mehr zurück. Nun hieß es, die Feuerwehr wieder voranzubringen. 1922 wurde eine moderne Benzinmotorspritze beschafft. Auch wenn man sich noch kein Automobil leisten wollte, so reichten die Mittel doch für eine handgezogene Maschine.

14 Feuerwehr_1914 Hilfe durch Anstaltsfeuerwehr

Dankschreiben des Stadtschultheißenamts an die Heilanstalt für die Unterstützung der Anstaltsfeuerwehr beim Löschen eines Brandes, 12. Februar 1914.

Stadtarchiv Winnenden, Altakten Winnenden (L 23,1)
16 Feuerwehr_1925 Festordnung

Programm des Jubiläumsfests am 16. und 17. Mai 1925.

Stadtarchiv Winnenden, Altakten Winnenden (L 34,1)

Mitte Mai 1925 feierte die Feuerwehr stolz ihr 100-jähriges Bestehen. Mehrere Schauübungen zusammen mit den motorisierten Feuerwehren von Waiblingen und Backnang sowie der Heilanstaltswehr ließen die zahlreichen Gäste aus nah und fern staunen. Im Anschluss marschierte ein langer Festumzug durch die geschmückte Stadt zum Festplatz im Stadtgarten. Das Jubiläum endete mit einem in Winnenden noch nie dagewesenen Brillantfeuerwerk. Dank der passenden Ausrüstung und guten Ausbildung bezwang die Feuerwehr so manche Brandfälle mit Bravour.

18 Feuerwehr_1925 Festzug

Der Weg des Festzugs führte über die Marktstraße in Richtung Stadtgarten, wo die Gäste zur geselligen Unterhaltung begrüßt wurden. Foto: Eugen Weber.

Stadtarchiv Winnenden, Altakten Winnenden (L 34,1)

Die Feuerwehr in der NS-Zeit

Im Zuge der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 änderte sich auch bei der Feuerwehr einiges. Demokratische Strukturen, wie Wahlen, wurden abgeschafft und Führungspositionen nach Gesinnung von oben herab vergeben. Kommandant Krämer eckte bei den neuen Herren immer wieder an. Hinzu kam, dass er sich nicht als Parteigenosse einschreiben ließ, was in seinem Amt erwartet wurde.

21 Feuerwehr_1933 Übung

Feuerwehrübung im Jahr 1933. Foto: Unbekannt.

Stadtarchiv Winnenden, Bildarchiv
23 Feuerwehr_1939 Erstes Feuerwehrfahrzeug

Erstes Winnender Feuerwehrfahrzeug, 1939. Foto: Unbekannt.

Stadtarchiv Winnenden, Bildarchiv

Die Feuerwehren erfuhren im sogenannten Dritten Reich eine Stärkung. Nur wenige erahnten darin eine Kriegsvorbereitung. Die Löschkräfte wurden taktisch neu gegliedert in schlagkräftige Löschgruppen. Der einzelne Feuerwehrmann wurde universell ausgebildet und die Ausstattung modernisiert. Winnenden bekam 1939 sein erstes Feuerwehr-Automobil – ein Zugfahrzeug für die Motorspritze, die nun angehängt werden konnte.

22 Feuerwehr_1938 Brand Kronenplatz

Am 15. Dezember 1938 gab es am Kronenplatz einen größeren Brand. Foto: Unbekannt.

Original: Privatsammlung Thomas Schnepf, Reutlingen. Digitalisat: Stadtarchiv Winnenden, Bildarchiv

Dann begann der Zweite Weltkrieg, und man musste eine Luftschutz-Bereitschaft aufstellen, um für Fliegerangriffe gewappnet zu sein. Anhaltende Querelen mit der Führung veranlassten Karl Krämer Ende 1941 dazu, von seinem Amt als Kommandant zurückzutreten. Im Jahr darauf erhielt die Wehr ihr erstes Löschgruppenfahrzeug. Mit diesem waren die Winnender aber dazu gezwungen, nach Fliegerangriffen ständig in die Umgebung, insbesondere nach Stuttgart, auszurücken, um dort bei Lösch- und Bergungsarbeiten zu helfen. Sie erlebten dabei teils schreckliche Stunden. Immer mehr Feuerwehrmänner wurden an die Front gerufen, so dass nun Jugendliche und ab 1944 auch junge Frauen als Feuerwehrhelferinnen die Lücken füllen mussten.

24 Feuerwehr_1941 Führungsmannschaft

Führungsmannschaft der Feuerwehr Winnenden, 1941. Foto: Unbekannt.

Stadtarchiv Winnenden, Bildarchiv

Winnenden hatte das Glück, bis dahin von Kriegsschäden verschont geblieben zu sein. Als jedoch am 20. April 1945 die anrückenden amerikanischen Truppen vor Winnenden beschossen wurden, eröffneten sie das Feuer auf die Stadt. Mehrere Stunden lang krachten Artilleriegranaten in den Bereich zwischen Stadtkirche und Torturm. Nach kurzer Zeit standen viele Gebäude um den Marktplatz bis zur Stadtmauer in Flammen. Beherzte Feuerwehrmänner, Feuerwehrhelferinnen und Nachbarn nahmen noch während des Beschusses die Brandbekämpfung auf. Da die Wasserleitung getroffen wurde, musste das Löschwasser aus dem Buchenbach und dem Mühlkanal entnommen werden. Der Tragkraftspritze ging nach kurzer Zeit das Benzin zu Ende. Zur Hilfeleistung wurde aus Waiblingen ein Löschfahrzeug entsendet. Gegen 24 Uhr zogen Soldaten der 100. US-Infanteriedivision ein. Nach einer kurzen Leibesvisitation sowie nach Entfernen der Hoheitsabzeichen von der Uniform durften die Feuerwehrmänner die Löscharbeiten fortsetzen. Ein Feuerwehrmann wurde durch Granatsplitter schwer verletzt, mehrere Feuerwehrmänner und Helfer erlitten Verbrennungen. Infolge des Beschusses waren 20 Tote zu beklagen.

27 Feuerwehr_1945 Gesprengte Eisenbahnbrücke

Die Eisenbahnbrücke wurde am Abend des 20. April 1945 gesprengt. Foto: Eugen Weber.

Stadtarchiv Winnenden, Bildarchiv
28 Feuerwehr_1945 Innenstadt nach dem Beschuss

Die Winnender Innenstadt nach dem Beschuss durch US-Feldartillerie. Foto: Eugen Weber.

Stadtarchiv Winnenden, Bildarchiv